So entsteht Inflation

Die Geldpolitik fördert inflationäre Tendenzen. Aber es gibt andere Faktoren, die einen Anstieg der Inflation verhindern können. Die Inflation soll sich in der Europäischen Union bei etwa der Zielmarke von zwei Prozent bewegen, die die Europäische Zentralbank als Preisstabilität definiert. Niedrige Leitzinsen und die Bereitstellung hoher Liquidität schaffen jedoch das Potenzial für eine steigende Inflation. Wann und wodurch es zu Preissteigerungen auf breiter Front kommt, hängt jedoch nicht nur von der Geldpolitik ab. Im Folgenden werden mögliche Ursachen für eine Inflationsentwicklung beschrieben und in den Kontext der derzeitigen wirtschaftlichen Situation gesetzt.

Unterscheidung zwischen Angebotsinflation und Nachfrageinflation

Da Preise am Markt durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden, muss man bei der Ursachenbestimmung für Inflation sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite berücksichtigen. Daher wird zwischen Angebots- und Nachfrageinflation unterschieden. Bei Angebotsinflation handelt es sich für gewöhnlich um Kosteninflation, das heißt, steigende Produktionskosten werden an die Verbraucher weitergegeben. Aber auch mangelnder Wettbewerb kann zu Preissteigerungen auf der Angebotsseite führen. Bei der Nachfrageinflation führt eine steigende Nachfrage bei gleichbleibender Produktion zu einem Preisanstieg.

Geringe Lohnkosteninflation machte Deutschland wettbewerbsfähiger

Bei jeder neuen Lohnrunde fällt das Wort Inflation. Die Arbeitnehmerseite fordert einen Inflationsausgleich, die Arbeitgeberseite warnt vor einer Lohn- Preis-Spirale. Dabei spielt bei der Ermittlung der Lohnkosteninflation nicht nur die Veränderung des absoluten Lohnniveaus eine Rolle, sondern auch die Veränderung der Produktivität. Solange Lohnerhöhungen im Rahmen von Produktivitätserhöhungen stattfinden, entsteht keine Inflation, denn die höheren Arbeitskosten werden durch höhere Gewinne abgedeckt. Wie das Statistische Bundesamt berichtet, blieb die Arbeitskostenentwicklung in Deutschland in den letzten Jahren hinter dem EU-Durchschnitt zurück – einer der Hauptgründe, warum die deutsche Industrie wettbewerbsfähiger geworden ist. Solange sich die Lohnpolitik in Deutschland nicht maßgeblich ändert, drohen von dieser Seite kaum inflationäre Tendenzen.

Rohstoffpreise sorgen für steigende Kosten

Neben den Arbeitskosten spielen die Preise für Rohstoffe eine große Rolle für die Entstehung einer Angebotsinflation. Öl- und Gaspreise wirken sich dabei zusätzlich auf die Energiepreise aus. Die Rohstoffpreise sind aktuell teilweise auf Allzeitshochs (z.B. Holz und Kupfer). Insbesondere die Nachfrage aus wachstumsstarken Entwicklungsländern lässt eine Fortsetzung des Trends erwarten. Damit bleiben Rohstoffpreise ein Risikofaktor für die Inflationsentwicklung. Zudem bewirkten coronabedingte Nachfrageflauten jetzt, wo die Produktion auf Hochtouren läuft, eine künstliche Knappheit, was die Preise zusätzlich in die Höhe schraubt.

Ein schwacher Euro macht Importe teurer

Von importierter Inflation spricht man, wenn aufgrund der Abwertung der heimischen Währung Produkte aus dem Ausland teurer werden. Das trifft vor allem Länder mit hohen Importenanteilen. Aufgrund des sehr hohen Exportüberschusses profitiert Deutschland jedoch wirtschaftlich von einer Euroschwäche. Aktuell ist der Euro aber eher stark im Vergleich zum US-Dollar und anderen Währungen.

Steuererhöhungen wirken inflationär

Durch die Corona-Pandemie hat sich die Staatsverschuldung sehr stark erhöht. Das soll sich in den nächsten Jahren wieder umkehren. Um das zu erreichen, kann der Staat entweder seine Kosten senken oder Steuern erhöhen. Vermutlich wird es eine Kombination aus beidem geben. Dabei wirken eine Erhöhung der Umsatzsteuer oder anderer Verbrauchssteuern ebenso inflationär wie eine Senkung von Subventionen oder Abschreibungsmöglichkeiten.

Konjunkturschub löst Nachfrageinflation aus

Ein Konjunkturaufschwung zieht für gewöhnlich eine steigende Inflation nach sich. Wenn der Wohlstand steigt, wollen Verbraucher mehr Produkte kaufen, Unternehmen mehr investieren und der Staat neue Projekte in Angriff nehmen. Allerdings ist Wirtschaftswachstum allein noch kein Auslöser für Inflation. Zu starken Preissteigerungen kommt es erst dann, wenn die Kapazitäten nahezu voll ausgelastet sind. Denn dann kann die Produktion nicht so schnell erhöht werden wie die Nachfrage steigt. Zwar hat sich die Wirtschaft in Deutschland recht positiv entwickelt aber die Einkommensunsicherheit bleibt weiterhin hoch. Dafür sorgt nicht nur eine erhöhte Arbeitslosigkeit durch Corona, sondern auch die absehbare Notwendigkeit des Staates, Sozialleistungen zu kürzen und Steuern zu erhöhen. Diese Unsicherheiten sollten einen Anstieg der Inflation von der Nachfrageseite vorerst eindämmen.

Expansive Geldpolitik wird durch Banken nicht voll weitergegeben

Es gibt einen weiteren Grund, warum die expansive Geldpolitik, also eine wirtschafts- und inflationsfördernde Geldpolitik, zurzeit nicht voll zum Tragen kommt. Die niedrigen Leitzinsen und die hohe Liquidität werden der Wirtschaft nicht direkt zur Verfügung gestellt. Dafür werden Banken als Intermediäre benötigt. Da viele Banken zurzeit noch mit den Auswirkungen der Finanzkrise kämpfen, ist der Appetit auf neues Kreditgeschäft gering. Außerdem müssen Banken in den nächsten Jahren ihr Eigenkapital im Verhältnis zum Kreditgeschäft erhöhen. So erreicht derzeit nur ein Bruchteil der Liquidität die Wirtschaft. Betrachtet man zusammenfassend die möglichen Auslöser für eine Inflationsentwicklung, so scheint kurzfristig das Risiko für hohe Preissteigerungen gering.

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